In der öffentlichen Debatte werden immer wieder Vorwürfe hervorgeholt, die längst geprüft und ohne Folgen geblieben sind. Es geht um angebliche Unregelmäßigkeiten bei Abrechnungen, um Ausgaben, die man im Nachhinein skandalträchtig erscheinen lassen möchte, oder um parteiinterne Konflikte, die mehr mit Machtfragen als mit echter Rechtsverletzung zu tun haben. Doch bei genauerem Hinsehen zeigt sich: Es gab keinen Kläger, der die Sache vor Gericht gebracht hätte. Es gab keinen Richter, der ein Urteil gesprochen hätte. Und es gab auch keine Sanktionen, die eine tatsächliche Schuld bestätigt hätten. Verfahren wurden eingestellt, Ämter blieben erhalten, Funktionen wurden weitergeführt.
Wenn also trotz aller Schlagzeilen und Anschuldigungen am Ende nichts übrig bleibt außer Gerede hinter und vor dem Zapfhahn, dann stellt sich die Frage, ob es hier wirklich um Aufklärung geht, oder eher darum, mit alten Geschichten Stimmung zu machen. Wer so vorgeht, ersetzt Argumente durch Andeutungen und versucht, Menschen durch den Schatten der Vergangenheit zu diskreditieren, anstatt sich mit den Aufgaben der Gegenwart auseinanderzusetzen.
Kommunalpolitik sollte nicht zum Schauplatz von Denunziation werden. Sie sollte sich darauf konzentrieren, wer in der Lage ist, Projekte vernünftig und ökonomisch zu planen, wer Verantwortung übernimmt und wer dafür sorgt, dass die Bürgerinnen und Bürger nicht am Ende die Zeche zahlen. Persönliche Sympathien oder Antipathien sind dabei zweitrangig. Entscheidend ist allein, wer die Kompetenz und die Integrität mitbringt, die anstehenden Herausforderungen zu bewältigen.
Birstein steht vor erheblichen Herausforderungen. In den kommenden Jahren sind Investitionen in Millionenhöhe vorgesehen, die den Haushalt stark belasten. Schon jetzt zeigt sich, dass die Gemeinde Gefahr läuft, ihre Ausgaben nicht mehr im Gleichgewicht zu halten. Wo Einnahmen stagnieren und Kosten durch Inflation und steigende Baupreise wachsen, droht die Kommunalaufsicht einzugreifen. Und wenn das geschieht, ist der Griff zur Steuerlast – allen voran zur Grundsteuer B – der naheliegende Weg, um die Lücke zu schließen.
Genau hier liegt die eigentliche Aufgabe des künftigen Bürgermeisters: lenkend einzugreifen, bevor andere es tun. Es geht darum, Projekte nach Dringlichkeit und Finanzierbarkeit zu priorisieren, statt alles gleichzeitig anzustoßen. Es geht darum, Transparenz zu schaffen und die Bürgerinnen und Bürger mitzunehmen, anstatt sie am Ende mit höheren Abgaben zu konfrontieren. Und es geht darum, neue Wege zu finden, Einnahmen zu sichern, ohne reflexartig die Steuerhebel zu bedienen.
Kommunalpolitik darf nicht zur Verwaltung von Engpässen verkommen. Sie muss die Gemeinschaft schützen – vor überzogenen Belastungen ebenso wie vor blindem Aktionismus. Wer Verantwortung übernimmt, muss zeigen, dass solide Planung und ökonomisches Handeln wichtiger sind als schnelle Schlagzeilen. Denn am Ende zählt nicht, wie viele Projekte versprochen werden und wer auf wie vielen Veranstaltungen hinter der Theke aushilft, sondern ob die Gemeinde sich die vielen – teilweise notwendigen Projekte – im aktuellen Rahmen und alle auf einmal leisten kann, ohne die Bürgerinnen und Bürger noch tiefer in die Tasche greifen zu lassen.