Manchmal sind es die kleinen Momente, die große politische Tragödien einläuten. Die Podiumsdiskussion zur Bürgermeisterwahl 2025 in Birstein war gespickt mit erwartbaren Floskeln, routinierten Verteidigungen und einem Hauch von Überraschung – letzteres allerdings nicht im Sinne von „positiv“.
Denn während sich der amtierende Bürgermeister durch die Untiefen der Lokalpolitik navigierte und ein freier Kandidat mit Sachkenntnis und Charisma punktete, gelang dem CDU-Herausforderer ein ganz besonderer Coup: Er forderte die Errichtung einer Apotheke. In Birstein. Wo es bereits eine gibt. Seit Jahren. Mit Türschild, Personal und allem Drum und Dran. Glücklicherweise wurde er von einem weiteren freien Bewerber daran erinnert, dass es bereits eine Apotheke in Birstein gibt.
Doch damit nicht genug. Die Apotheke ist nicht nur existent, sondern auch familiär mit einem etablierten Mitglied der FBG verwoben – jener Gruppierung, die historisch eng mit der CDU verbandelt ist. Man könnte meinen, ein CDU-Kandidat hätte davon gehört. Oder wenigstens mal gegoogelt. Aber nein: Statt eines Rückzugs oder gar einer Entschuldigung folgte die nächste Eskalationsstufe – die Forderung nach einer zweiten Apotheke. Für ein Dorf, das bereits versorgt ist. Vielleicht dachte man, doppelt hält besser?
Man muss dem Kandidaten zugutehalten: Er hat Visionen. Leider scheinen diese auf einem Stadtplan zu beruhen, der Birstein mit einem anderen Ort verwechselt. Oder mit einem weißen Blatt Papier. Physiotherapie? Gibt’s. Hebammen? Da. Psychotherapie? Vorhanden. Es ist fast, als hätte man sich die Infrastruktur aus dem Wahlkampf-Flyer eines anderen Landkreises ausgeliehen.
Die Reaktion im Publikum war entsprechend entsetzt. Man spürte förmlich, wie sich die kollektive Stirn runzelte. Ein ganzes Dorf, das sich fragt: „Kennt der uns überhaupt?“ Und schlimmer noch: „Will der uns überhaupt kennen?“
Es bleibt die Frage, wie man sich aus diesem selbstgewählten Dilemma befreien will. Ein Rückzug vor der Wahl wäre zumindest ein Akt der Restvernunft – oder wie man sagt: ein blauer Fleck ist besser als ein Totalschaden. Denn wer mit so viel Selbstbewusstsein in die Sackgasse fährt, sollte wenigstens den Rückwärtsgang kennen.
Am Ende bleibt uns nur die Hoffnung, dass die verbleibenden Tage bis zur Wahl und ggf. bis zur Stichwahl nicht zur Comedy-Show verkommen. Oder vielleicht doch – denn wenn Politik schon nicht immer klug ist, darf sie wenigstens unterhaltsam sein.
